Zahlenspielereien

Zahlenspielereien

Ich weiß noch nicht, wie ich es finden soll, das neue Versionsnummermodell von Mozilla. Das Prinzip: „release often, release early“ empfinde ich ja prinzipiell als richtig, ob man dafür aber wie bei Google auf Major-Release nummer zugreifen sollte, ist eher fraglich.

Im Gegensatz zu allen anderen Browserherstellern hat Google in Chrome seine Versionsnummern nie sonderlich prominent vermarktet, sondern im Hintergrund still und leise Updates geliefert, lediglich die Versionen, die absolut neue Features herausbrachten, wie beispielsweise Plugins wurden meiner Erinnerung nach etwas offensiver beworben.

Die Vorteile von schnellen Versionssprüngen:

  • Marketing

    Es wird wahnsinnige Entwicklungsgeschwindigkeit simuliert

  • Versionsvergleichbarkeit

    Keine bzw. wenige Zwischennummern wie „3.5.1“ machen dem User deutlicher, womit er surft.

Und die Nachteile:

  • Die Plugin-Prüfung

    Plugin-Autoren müssen nun jedes Major-Release angehene, auch wenn sich an den Schnittstellen wenig bis gar nichts ändert, weil der Großteil der schnell updatenden User sonst vergrault wird.

  • Webentwickler / Testing

    Erklärt mal dem Kunden, warum ihr Websites mit dem 5er aber nicht dem 4er testet (oder anders herum). Im Business-Umfeld beim Kunden ist ein schnelles Updaten eher unüblich, während Entwickler meist schon ein gutes Stück voraus sind. Das wird sich hier verschärfen.

  • Linux-Distributionen

    Wenn Linux-Distributionen bei ca. 6 Monaten Release-Zeiträumen 2 Versionen eines der vermutlich meistgenutzten Browsers „verschlafen“, wird das vermutlich einiges an Unmut hervorrufen, auch, da nicht ganz klar ist, wie der Support bei Critical Issues in Bezug auf Versionsnummern aussieht. 

    Bei Distributionen, die die „Vanilla“-Version mit Mozilla-Branding und Namen verwenden, wie beispielsweise Ubuntu, wird das ganze aufgrund der Lizenzpolitik sowieso interessant.

Ich finde, hier hat Mozilla, die ihre Versionsnummern doch recht offensiv vermarkten, sich und der Community keinen Gefallen getan. Ich bin auch der Meinung, dass die Vorteile, die ich hier herausgestellt habe (ihr dürft gerne auch Pro und Kontra-Punkte in den Kommentaren ergänzen), die Nachteile nicht auch nur ansatzweise aufwiegen.

Und das ich von oberflächlichem Marketing zum Selbstzweck nichts halte, sollte hinreichend bekannt sein.

16 Antworten auf „Zahlenspielereien“

  1. Ich sehe das im Gesamten auch eher als Nachteil.
    Hier wird ja nur die Entwicklungsgeschwindigkeit simuliert. Was früher ein Minorrelease war und gar nicht richtig beachtet wurde wird jetzt gefeiert und promotet als wäre man auf dem Mars gelandet.
    Der User denkt nur „Neuer = Besser“ und das er es sofort haben muss. Aber die Distributionen haben nun die Arschkarte wenn nicht an Mozillas Release-Tag die neuste Version in den Quellen ist.
    Bei 10.04 LTS ist noch nichtmal der 4er FF in den Quellen und einige User quengeln schon, wann denn der 5er endlich in die offiziellen Quellen kommt.

    Ich glaube mit diesem Luftblasenmarketing wird Mozilla noch Probleme bekommen.

  2. > Die Plugin-Prüfung
    Ich möchte nicht als Korinthenkacker erscheinen, aber unter Firefox heißen die Dinger immer noch Addons. Plugins sind Sachen wie Adobe Flash.
    Und so groß ist das Problem auch wieder nicht. Jeder gute Entwickler testet seine Addons schon vor der offiziellen Freigabe unter den Beta-Versionen. In der Regel reicht es die Versionsnummern in den Addons anzupassen um diese mit der neuen Version des Browsers kompatibel zu machen.

    > Im Business-Umfeld beim Kunden ist ein schnelles Updaten eher unüblich, [..]
    Das Argument ist etwas an den Haaren herbeigezogen, denn da die Version 5 gleichzeitig ein Sicherheitsupdate ist, bekommt jeder Benutzer die neue Version automatisch per Update-Funktion geliefert. Jeder Admin der bei der 4er Version bleibt, handelt fahrlässig, da diese nicht weiter gepflegt wird.
    Das einzige Problem, dass sich ergibt, ist das Einspielen des Updates in großen Windows-basierten Netzwerken, da Mozilla bis heute kein MSI-Paket von Firefox anbietet.

    > [..] auch, da nicht ganz klar ist, wie der Support bei Critical Issues in Bezug auf Versionsnummern aussieht.
    Sie großen Distributionen liefern die neuen Versionen einfach nach. Ubuntu 11.04 hat Fx5 schon, unter Fedora sollte er bald kommen, unter OpenSuSE ebenfalls.

    1. Das Argument ist etwas an den Haaren herbeigezogen, denn da die Version 5 gleichzeitig ein Sicherheitsupdate ist, bekommt jeder Benutzer die neue Version automatisch per Update-Funktion geliefert. Jeder Admin der bei der 4er Version bleibt, handelt fahrlässig, da diese nicht weiter gepflegt wird.

      Aye. Genauso fahrlässig wie Unternehmen, die immer noch bei IE6 rumdümpeln. Aber sowas gibts ja gar nicht…

      Sie großen Distributionen liefern die neuen Versionen einfach nach

      Tja, nur ist das meistens eben kein Update, sondern ein Dist-Upgrade (so mir auch geschehen auf 10.04 LTS und dem Mozilla Stable PPA).

      1. Aye. Genauso fahrlässig wie Unternehmen, die immer noch bei IE6 rumdümpeln. Aber sowas gibts ja gar nicht…

        Der IE6 wird aber noch weiter mit Sicherheitsupdates versorgt und zwar genausolange wie Windows XP. Ändert natürlich nichts daran, dass er technisch total veraltet ist.
        Gerade das Beispiel IE führt zu einem Pro-Argument für schnelle Versionssprünge: Weil die alten Versionen nicht mehr unterstützt werden, wird schneller geupdatet. Die Webdesigner können so schneller neue Techniken einsetzen und müssen nicht warten, bis der Support für eine alte Browserversion ausläuft.

  3. Hallo!

    Das Thema wird viel zu hochgekocht. Es gibt für den Brutto-Normalnutzer eigentlich keine Nachteile. Updates müssen sowieso gemacht werden, aufgrund von Sicherheitslücken und der Benutzer muss nicht ewig und 2 Tage auf längst überfällige neue Funktionen warten, wie es bei Firefox 4 der Fall war.

    An der hohen Versionsnummer stören sich nur Nerds. Frag mal einen neuen Nutzer, welche Versionsnummer sein Browser hat. Der weiß das wahrscheinlich gar nicht und wenn, dann ist ihm das völlig egal. Es zählt das Produkt, fertig.

    Durch den schnellen Zyklus wird auch die Bedeutung der Versionsnummer zurückgehen. Richtig Werbung gemacht hat Mozilla nur für Versionen bis 4. Ab jetzt werden die Updates automatisch und im Hintergrund erfolgen. Der Benutzer soll am besten gar nichts davon mitbekommen und das finde ich gut so.

    Momentan gibts noch ein paar Probleme mit den Erweiterungen, das wird meiner Meinung nach aber nur in der Anfangsphase so sein. Das sind Kinderkrankheiten, die früher oder später behoben werden werden.

    Das mit den Distributionen ist eine andere Sache. Ubuntu Natty-Nutzer bekommen Firefox zum Beispiel über die Updates. Da Änderungen relativ klein und unproblematisch sind, ist das auch kein Problem. Von daher liegt es an den Distributionen, die Update-Politik zu überdenken.

    Fazit: Gute Entscheidung von Mozilla. Das Internet entwickelt sich viel zu schnell, als dass ein Browser sich 2 Jahre lang nicht verändern kann. Außerdem ist es schade, dass Funktionen fertig programmiert sind, aber noch ein Jahr lang für den Nutzer nicht verfügbar sind, weil andere Funktionen noch in Entwicklung sind.

    Gruß Valentin

  4. Ein Grund/Vorteil für die neue Versionsverwaltung könnte auch das dahinter stehende Entwicklungskonzept sein. Es wird nun ja quasi parallel an verschiedenen Versionen gearbeitet. Während Version 7 in der Beta Phase ist, wird an Version 8 bereits gearbeitet (in der Aurora-Phase). Im Grunde wird es immer 4 Versionen geben, an den gearbeitet wird (eine davon das aktuelle Release). Dabei ist es von Vorteil, wenn man die Versionen klar voneinander trennt.
    Für den Nutzer hat das den angeblichen Vorteil, dass Änderungen schneller zu ihm gelangen. Warum habe ich allerdings nicht verstanden.

  5. Als ob man nix anderes zu tun hätte, als ständig Dinge upzudaten, nur um nach dem Update auf Version festzustellen, dass nicht alle Plugins kompatibel sind. So geschehen bei Firefox 5 und dem Plugin FASTDIAL. Einfach nur nervig! Aber wer schnellere Versionssprünge macht, der macht auch mehr Schlagzeilen („Neue Firefix-version erschienen!!!!“)

    1. Sehe ich ein bisschen anders. Firefox 5 ist durch die Updateverwaltung von Ubuntu eingespielt worden. Das schöne an Ubuntu ist, dass man sich auch Updatetechnisch um nix kümmern muss. Als User bemerkt man von der ganze Problematik erst etwas, wenn FastDial plötzlich nicht mehr funzt. Auch das von chip.de empfohlene Firefox-Erweiterung „Add-on Compatibility Reporter“, welche dafür sorgt, dass Addons nicht mehr auf Ihre Kompatibilität hin überprüft werden, hat bei mir nicht geholfen. Ich verwende jetzt Speed Dial, aber das sieht nicht so gut aus und außerdem musst ich es komplett neu Einrichten.

  6. Hi,

    also rein aus dem Gefühl würde ich sagen: Das frühe Hochziehen von Zahlen ist absolut unnötig und deutet eher darauf hin, dass man auf Zahlen geil ist, denn auf Inhalte. Der Normalo-User weiß dann direkt: Höhere Nummer = Besserer Browser. Was irgendwie logisch ist, aber nicht wirklich funktionieren kann.

    Mir persönlich geht es auf den Sack. Beispielsweise muss ich jetzt die neue Beta von Firebug installieren, damit ich überhaupt Firebug habe und das offizielle Garmin-Plugin (für Geocaching.com) geht mal gar nicht.

    Das Problem für den DAU ist folgendes: Er sieht nicht ein, warum er eine neue Version herunterladen sollte, da die alte doch seinen Dienst tut, hat Angst vor Updates, will nichts von Versionsnummern wissen und ist eher verwirrt von neuen Oberflächen, als das er sich darüber freut – das ist meine Erfahrung mit älteren Damen, Hausmüttern und Computeranfängern, die ich betreue.

    Ich finde die Updates gehen zu schnell. Firefox wird nur zu langsam und die Nutzer haben auch nix davon. (Ich persönlich finde den Ubuntu-Zyklus von 6 Monaten viel zu kurz)

    Fazit: Gute Entscheidung von Mozilla. Das Internet entwickelt sich viel zu schnell, als dass ein Browser sich 2 Jahre lang nicht verändern kann. Außerdem ist es schade, dass Funktionen fertig programmiert sind, aber noch ein Jahr lang für den Nutzer nicht verfügbar sind, weil andere Funktionen noch in Entwicklung sind.

    Auf der einen Seite richtig; auf der anderen Seite hat der IE6 dafür gesorgt, dass wir jetzt wenigstens die Grundlegendsten HTML-Tags überall verwenden können; einfach nur deshlab weil wir uns auf den kleinsten-gemeinsamen einigen mussten. Das jetzt wieder viele Browser auf dem Markt sind, wird nur dafür sorgen das wir ab und zu Probleme bekommen Feature A ind Browser B zu implementieren. (Ich denke das ist ein Grund für Frameworks, wie jQuery, die diese Lücke schließen)

    Gruß Alex

    1. > Das jetzt wieder viele Browser auf dem Markt sind, wird nur dafür sorgen das wir ab und zu Probleme bekommen Feature A ind Browser B zu implementieren. (Ich denke das ist ein Grund für Frameworks, wie jQuery, die diese Lücke schließen)

      Nein. Das führt nämlich genau zum Gegenteil. Viele unterschiedliche Browser verschiedener Hersteller führen dazu, dass man sich auf allgemein gültige Standards einigen muss. Das war ja gerade das Problem des Internet Explorer 6. Gerade weil er Alleinherrscher war, hielt er sich nicht an die Standards. Allein Firefox, Chrome und Co. ist es zu verdanken, dass der IE 9 halbwegs brauchbar ist. Microsoft hätte nämlich ohne Druck von außen nicht eingelenkt – und wir hätten heute weiterhin ein proprietäres Netz.

      > Das Problem für den DAU ist folgendes: Er sieht nicht ein, warum er eine neue Version herunterladen sollte, da die alte doch seinen Dienst tut, hat Angst vor Updates, will nichts von Versionsnummern wissen und ist eher verwirrt von neuen Oberflächen, als das er sich darüber freut – das ist meine Erfahrung mit älteren Damen, Hausmüttern und Computeranfängern, die ich betreue.

      Gerade deshalb sind kurze Zyklen besser. Der Nutzer merkt die Unterschiede gar nicht und wird langsam an Neues herangetragen. Da sind große Umbrüche, wie z.B. bei Firefox 4 wesentlich schlimmer. Unbeholfene Nutzer werden von den neuen Funktionen regelrecht erschlagen.

      Gruß Valentin

  7. Ich denke auch nicht, dass das ein besonders kluger Schachzug von Mozilla war. Erst gestern hab ich von einem Bekannten wieder gehört, als er das Update auf Firefox 5 gemacht hat: „Firefox 5, toll, und was is an dem jetzt so besonders gegenüber dem Firefox 4?“

    „release often, release early“ ist zwar grundsätzlich kein schlechtes Konzept, allerdings sollte man die Versionsnummern nicht so anheben wie man es hier tut. Denn bisher war es jedem Nutzer klar „Desto größer der Sprung der Versionsnummer ist, desto mehr Neuerungen.“, und derzeit kommt hier eben ein wenig Wehmut auf, denn es wird utopische Entwicklungsgeschwindigkeit simuliert, ohne ersichtliche Neuerungen für den normalen Benutzer, der eigentlich etwas komplett anderes erwartet….

    Ich verstehe nicht wirklich wieso man nicht das Konzept übernommen hat, jedoch die Versionsnummern, wenn überhaupt, nur ein klein wenig angehoben hat…

    lg,
    losingYou

  8. Ich denke, die Überschrift trifft den Nagel auf den Kopf: Das ganze ist nichts als Zahlenspielerei. Im Endeffekt hat Art der Versionsnummerierung für den Benutzer keine Bedeutung – auch der Unterschied zwischen release early und dem klassischen Releasemodell ist für den „normalo“-Benutzer IMO auch egal.

    Daher wird das geänderte Releasemodell bei den Anwendern erstmal nur für Verwirrung sorgen (wie im Fall der Distributionen) – mehr aber auch nicht. Vielleicht hat es aber auch den Effekt, dass die Leute nicht mehr so auf irgendwelche Versionsnummern gucken – das wäre ja schon mal ein Erfolg.

Kommentare sind geschlossen.