Freie Formate und offene Formate – nicht das gleiche

Neulich stolperte mal wieder jemand – diesmal in einer Mailingliste – über meinen Mailfooter. Der weist auf die Problematik von unfreien Dateiformaten hin.

EINE BITTE:
Sehr oft bekomme ich Dateien in Formaten wie Word, Excel und Powerpoint zugesendet.
Ich habe kein Microsoft Office und ich will es auch gar nicht haben. Es gibt genug freie Programme und Formate, in denen ein Dateiaustausch problemlos vonstattengehen kann.
Beispiele wären: ODF, PDF, RTF, TXT, HTM(L).

Die erste Unterstellung war, ich hätte ein Problem, MS-Office Dateien zu öffnen, und ich solle mich nicht so haben. Sollte ich OpenOffice nutzen könnte ich die Dateien ja auch öffnen.

Das stimmt. Ich kann die Dateien öffnen. Das ist aber auch nicht der Punkt. Es geht (mir) um den Einsatz von freien Programmen und Formaten, also solche, die öffentlich spezifiziert sind, keine Patente enthalten und von jedem zu jeglichem Zweck genutzt werden können.

Auch wenn, wie mir von jemand anderes gesagt wurde, dass MS die Spezifikation der neuen und alten Office-Formate herausgibt, so ist ein Disclaimer wie der folgende ein Beispiel dafür, dass Open Source nicht immer gleichbedeutend mit „frei“ im Sinne von „freier Software“ ist.

Microsoft may have patents, patent applications, trademarks, copyrights, or other intellectual property rights covering subject matter in these materials. Except as expressly provided in the Microsoft Open Specification Promise and this notice, the furnishing of these materials does not give you any license to these patents, trademarks, copyrights, or other intellectual property.

Und die Behauptung, das das OOo-Projekt diese Specs zum implementieren des Office Im- und Exports benutzt hat, kann allein deswegen schon einmal nicht stimmen, weil MS diese Dokumente erst 2008 veröffentlicht hat. Allerdings konnte ich 2006 und 2007 auch schon ganz gut im- und exportieren…

Für eine Überarbeitung mag das vielleicht zu einer Verbesserung geführt haben, aber die beibehaltung entsprechender Patente macht das Format zwar zu Open Source, aber nicht zu einem freien Format im Sinne freier Software.

Und deswegen ist es auch kritisch zu sehen, dass OOXML als offenes Format für die Lizensierung neuer „offener“ Software herbeigezogen wird. Nichtmal Office 2010 schafft es, das eigene spezifizierte Format, dass als ISO-Standard verabschiedet wurde, zu implementieren, was noch weiter gegen die Benutzung dieser Software spricht…

ps: Das der Artikel im ubuntuusers-Planet landet ist beabsichtigt, da die Thematik auch hier relevant und interessant genug ist. Man möge mir das fehlen von Linux/Ubuntu-Referenzen verzeihen.

5 Antworten auf „Freie Formate und offene Formate – nicht das gleiche“

  1. Hmm..Interessanter Gedanke. Diesen Artikel sollten auch meine Uniprofessoren lesen, die immer auf .doc bestehen. :)

    grüße
    perdix

    PS: Gut, dass das auch im Ubuntuusers-Planeten zu lesen ist!

  2. Gehört nicht in den Planeten! *pöbel*

    Kleiner Scherz um deinen Pulz hochzutreiben :). Ich find es gut, dass solche Themen auch mal im Planeten landen – Politik & Co ist halt ein wichtiger Bestandteil von Ubuntu und OpenSource. Und gerade die Sache mit den Dokumenten ist ja tatsächlich ein großes Problem – eigentlich halte ich das sogar für das größte Problem in Bezug auf die Usability von Linux:

    Alle Wine-Microsoft Office Varianten, die ich bisher probiert habe, waren mehr oder weniger schlecht – die Integration in den Linux Desktop lässt immer zu wünschen übrig (davon abgesehen, dass man die MS-Progs auch gar nicht nutzen WILL). Das Format von OOo können aber viele Normalo-Nutzer nicht lesen und die .doc und .ppt Exporte von OOo sind nicht immer hunterprozentig MS-kompatibel.

    Ich habe schon oft überlegt, verschiedenen Leuten, deren PC ich „warte“, ein Linux zu verpassen. Haupt Hinderniss war immer das Problem, dass diese Leute darauf angewiesen sind, 100%ige ppt und doc-Dateien zu erzeugen. Und genau das kann ich bisher nicht garantieren.

    Eigentlich sollte man MS dazu verdonnern, die aktuellste .odf-Version zu implementieren. Wer eine so wichtige Office-Suite vertreibt und damit de facto den Markt beherrscht, muss sich in derartigen Fragen auch einfach mal beugen.

    (ok, mein Beitrag geht in eine etwa andere Richtung als deiner – aber das macht ja nichts ;) )

  3. Hallo Campino,

    meiner Ansicht nach ist das Problem der Datenaustauschformate eines der größten, die es in der elektronischen Datenverarbeitung gibt. Es wird viel über freie Software (die ich nahezu ausschließlich einsetze) geredet, aber das Thema Datenaustauschformat wird viel zu sehr tot geschwiegen. Eben WEIL es Programme gibt, die proprietäre Formate öffnen können. Und weil die Leute diese Möglichkeit nutzen.

    Je mehr sich offene Formate durchsetzen, desto sinnloser wird proprietäre Software.

    Die einzigen Möglichkeiten die ich sehe sind,

    1. wie Du darauf hinzuweisen, dass unfreie Formate schlicht und ergreifend nicht erwünscht sind.
    2. Eigene Vorlagen ausschließlich in freien Formaten zur Verfügung zu stellen und
    3. den Leuten anbieten, sie bei Interesse über Dateiformate zu informieren (was sind Daten, wie werden sie abgelegt, Unterschiede frei/proprietär). Missionierungen werden aber selten gern gesehen. Ich bin gerade dabei, dafür eine Präsentation zu erstellen.

    Meines Wissens nach hat Redmond auch nur das Format seit 97 veröffentlicht (nicht frei gegeben!), sollte in Dokumenten „Code“ aus älteren Versionen auftauchen, ist dieser nach wie vor verschlossen.

    Dein Artikel gehört meiner bescheidenen Meinung nach nicht nur auf uu.de veröffentlicht, man kann nicht oft genug auf diese Problematik hinweisen. Vielen Dank dafür. Dein Blog wird jetzt täglich von mir abgerufen.

    Viele Grüße, Freiheit

  4. Leider wird frei und umsonst oft in einen Topf geworfen. Da habe ich schon Aussagen gehört wie: „Wieso kann man mit Linux Geld verdienen? Ich habe gedacht, das ist alles umsonst!“. Alles was nichts kostet, kommt in einen Topf und gehört damit in die andere Kategorie. Die Wirklichkeit ist viel differenzierter und das hast Du gut aufgezeigt.
    Was den Planeten angeht, kann mich hier meinem Vorredner nur anschließen. Auch ich sehe solche Artikel gerne auf dem Planeten von Ubuntuusers. Das Thema ist nicht rein Ubuntu-bezogen, aber es ist betrifft auch Ubuntu. Entscheidend ist aber für mich, dass Du hier ein Anliegen vorbringst, in das Du auch eine gewisse Zeit und Denkarbeit hineinsteckst. Und das ich das so nicht anderswo lesen kann.

  5. Was mich eben stört ist die erste Pauschalisierung von „Open Source“, „kostenlos“ und „freie Software“. Ich bin zwar sicher nicht komplett einer Meinung mit z.B. Richard Stallman, finde ich aber viele seiner Statements mindestens im Bereich „mal drüber nachdenken“.

    Und was die „Entschuldigung“ für den Planeten angeht: Ich habe schon ein paar mal Kommentare von Moderatoren bekommen, dass meine Artikel im Bereich Linux unangebracht wären. Daher vorher schon mal eine Erläuterung, warum ich den Artikel auch in die Kategorie „Linux“ verschiebe, auch wenn das Thema nicht Ubuntu/Linux selbst ist.

    Vielen Dank für die netten Kommentare. Es ist schön zu sehen, dass ich nicht der einzige bin, der sich darum Gedanken macht (innerhalb meines RL-Personenkreis schient es leider viel zu oft so) Ich habe übrigens die Signatur angepasst, da ich mir nicht so sicher bin bei JPG… ;-)

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