Informationsgesellschaft ahoi oder: Warum ich die Piraten gewählt habe

Parteien gibts, das ist doch nicht normal. Eine „Piraten-Partei“ auf dem Wahlzettel. Sowas.

So ähnlich entrüstete sich meine Nachbarin gestern gegenüber meinen Eltern, die nach dem Wählen mal kurz bei ihr waren.

Nun, wie auch immer, ich finde, die Piratenpartei ist die erste Partei, bei der ich mich politisch zuhause fühle. Die Kontraposition in Bezug auf die Voratsdatenspeicherung alleine ist jedoch nicht der Ausschlag gebende Punkt, sondern das Parteiprogramm an sich, als da wären:

  1. Informationelle Selbstbestimmung
  2. Patentrechtsreformen – Keine Patente auf Gene, Software, Geschäftsideen
  3. Urheberrecht – Abschaffung von DRM und Kopierschutz, Freie Verfügbarkeit urheberrechtlicher Werke
  4. Transparenz des Staatswesens – Gläserner Staat statt gläsernen Bürgern
  5. Open Access – Freier Zugang zum Wissen der öffentlich finanzierten Forschung und der Verwaltung
  6. Abschaffung von Infrastrukturmonopolen und Abbau von Hindernissen in Netz- und Wissenszugängen

Auch wenn sich die Ziele der Piratenpartei mit meinen persönlichen Vorstellungen einer offeneren, besseren, freieren Welt decken, denke ich nicht, dass diese Zukunft so schnell kommen wird, wie es nötig wäre.

In der Musikindustrie findet gerade ein – zwar kleines und gezwungenes, aber dennoch ein – Umdenken statt, weg von DRM, hin zu unbegrenzter Nutzung der von mir gekauften Ware. Nach über 20 Jahren ist das, was ich mit meinen Kasetten, Platten und CDs machen konnte, also endlich auch digital möglich – nachdem es jahrelang von fast jedem im Internet praktiziert wurde, nachdem die Praktizierenden von den Plattenfirmen angeklagt, verklagt, verknackt und bis auf die Hosen ausgezogen wurden.

Nachdem nervige Antipiratierie-Spots auf gekauften und geliehenen DVDs laufen und nicht überspringbar sind (außer mit Tools einer aus Deutschland ausgewanderten Firma, nachdem hier eine Entziehung der Geschäftsgrundlage drohte). Spots, die auf gerippten Filmen und gebrannten DVDs meist nicht zu sehen sind. Da stellt sich die Frage, was qualitativ hochwertiger empfunden wird – eine DVD die mich mit solchen Spots nervt und nicht in jedem Player läuft oder ein sauber gerippter Film, der überall läuft, keine Nervspots hat und dazu noch kostenlos ist?

Freies Wissen für freie Bürger! Freie Kultur für freie Bürger!

Und was die Musikindustrie bzw. GEMA mit ihrer Pauschalabgabe auf CD und DVD-Rohlinge (wieso eigentlich auch auf DVD-Rohlinge) und Festplatten sowie jegliche Art von Scheibenbrennern angerichtet hat, lässt sich ja schon an der VG Wort erkennen, die versucht, Urheberrechtsabgaben auf Drucker zu kassieren. Fehlt noch eine Pauschalabgabe auf Papier und Tastaturen, Bleistifte, Kugelschreiber, etc.

Und Open Access haben die ja auch nicht verstanden, die haben sich doch knallhart beschwert, das würde ja einer Aufgabe und Verarmung sämtlicher Romanschreiber gleichkommen. So siehts mal aus. Ein Viertel verstehen, davon eine Hälfte verdrehen wie’s grade passt und die andere vergessen, aber wenn man den schnellen Euro wittert, dann volle Deckung, nicht dass man noch von solchen geldgeilen Idioten noch umgerannt wird.

Ich denke zusammenfassend, dass die Entgleisung der Urheber- und Patentrechte im Endeffekt einen Fortschritt ver- mindestens aber behindert. Und darum habe ich die Piraten gewählt. Weil freies Wissen wichtig ist.

(Okay, der letzte Satz ist gemashupped. Von Miro. Prinzip und Ziel ist aber das gleiche, mindestens aber sehr ähnlich.)

Update: Ich hab gestern nicht so weit gedacht: es fehlt noch Urheberrechtsabgabe auf Fernseher, DVDs, CDs und Monitore und Handys?