Mehr Zeit für sich

Umziehen will ich, nein, wollen wir. Zentraler zur Arbeit. Nähe zur Arbeit, das hört sich vielleicht ein bisschen nach Trabanten an, nach Arbeit 1.0, nach Angestelltenzwang und Schichtarbeit. Okay, das mit der Schicht mag bei meiner Freundin zutreffen, aber in erster Linie ist es Bequemlichkeit, Annehmlichkeit, Leben 2.0.

Mit ist gerade aufgefallen, wie wenig Zeit mir an einem normalen Arbeitstag noch bleibt, das ist momentan nicht wirklich viel. Ein wenig hat das mit meinem Arbeitsweg zu tun, der sich in den letzten drei Jahren immer weiter verschlechtert hat, zumindest mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von meinem jetzigen Wohnort zu meiner Arbeitsstätte. Das wäre alles halb so wild, man könnte ja abends auf dem Nachhauseweg einen Kaffee trinken gehen, ein bisschen Zeitung lesen, was man halt so in vorhäuslicher Entspannung tut.

Wäre da nicht die Tatsache, dass mein einstündiger Heimweg mit dem Umsteigen mitten in der Pampa wäre, umgeben von zwei Tankstellen, die so wirklich gar kein Kaffee-Feeling aufkommen lassen wollen. Dazu kommt, dass man in einem überfüllten Überlandbus aufgrund der überfüllenden, als auch aufgrund der baulichen Eigenheiten von Überlandbusen nicht wirklich lesen kann, schon gar nicht im dunkeln. Werde ich mitgenommen, brauche ich für den Hinweg und den Rückweg zusammen nur die Hälfte der Zeit, die ich für einen Weg mit ÖPNV habe, verlasse das Haus aber fast genauso früh und bin unwesentlich früher zu Hause als mit dem Bus.

Damit verlängert sich die Zeit, die ich nicht für mich habe, trotzdem, und auch wenn ich in der Firma ein wirkich gutes Klima habe und die Arbeit Spass macht, ist das nicht die Art und Weise von Work-Life-Balance, die mir vorschwebt.

Was mir momentan die Zeit frisst ist hauptsächlich ein bescheidener Arbeitsweg, das Vorbereiten auf meinen Führerschein und die Suche nach der Wohnung. Und wenn die gefunden ist, ist das erklärte Ziel zwar nicht „Füße hochlegen“, aber doch eine gewisse Entschleunigung des Arbeitstages, etwas später aufstehen, Zeit haben mal eine Zeitung zu lesen, ohne, wie eben gerade passiert und Impuls gebend für diesen Artikel: 5 ungelesene Magazine wegzuschmeißen.

Denn in der neuen Wohnung (wo auch immer in dem Ort sie sein wird), wird sich mein Anfahrtsweg mit dem Bus auf ein die Hälfte bis ein Viertel verkürzen, außerdem habe ich von dort mehr Anfahrtsvektoren – was bei aktuell einem kein großes Kunststück sein dürfte.

Und damit ist schon wieder eine halbe Stunde um , in der ich eigentlich mit meiner Freundin und einem Film Zeit verbringen wollte, die ich aufgrund eines akuten Ärgeranfalls (ausgelöst durch das Wegwerfen der Zeitungen) mal lieber damit verbracht habe, ins Internet zu kotzen, anstatt Mitmenschen in Mitleidenschaft zu ziehen – was trotzdem nicht ganz gelungen ist. Leider.

Aber das mit dem Zeitverbringen werde ich jetzt schonmal tun. Und dann in Zukunft mal wieder eine Zeitung oder ein Buch lesen, bewusst Musik hören. Alles Dinge, die derzeit hinter allem anderen schleifen. Zeit das sich was dreht.